Predigt an der Christmas Celebration am 23.12.2017 in Schlanders

 

Wie im Himmel so im Stall – vielleicht ein etwas ungewöhnlicher Titel?!

In der sogenannten Weihnachtsgeschichte lesen wir im Evangelium von Lukas folgendes:

„Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen.

Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.

So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.

Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ Lukas 2,1-7

 Der Bericht, dass Maria Jesus in eine Krippe legte, gab Anlass zu verschiedenen Interpretationen und möglichen Vermutungen, wo Jesus geboren wurde:

Eine naheliegende Erklärung könnte sein, dass die Geburt in einem Stall geschah – von der ja unsere Tradition ausgeht. Nach einer alten Tradition jedoch, wurde Jesus in einer Höhle oder Grotte geboren, die vielleicht als Stall (und Wohnraum) benutzt wurde. Im Weiteren habe ich gelesen, dass sich Krippen angeblich oft draußen, also im Freien, befanden, deshalb wäre es auch möglich, dass Jesus unter freiem Himmel geboren wurde. Eine weitere Möglichkeit ist, dass der Ort das Heim einer armen Familie gewesen ist, wo die Tiere sich unter demselben Dach befanden. Angeblich haben Künstler seit dem Mittelalter mit Vorliebe den Stall als Ort der Geburt dargestellt und so ist es bei uns geblieben bis heute. Wir können also zurecht annehmen, dass Jesus in einem Stall oder Stall-ähnlichen Ort geboren ist.

Wie im Himmel, so im Stall

Was ist mit dem Himmel gemeint? Was versteht man unter Himmel?

Wenn wir ein Kind fragen, wo der Himmel ist, wird es wahrscheinlich hinaufschauen und sagen: dort oben, wo die Sonne scheint, wo es so schön blau ist und in der Nacht die Sterne strahlen. In Bezug zu unserem heutigen Thema ist mit „Himmel“ aber noch etwas anderes gemeint. Himmel ist hier eher eine andere Sphäre, eine andere, für uns meist unsichtbare Dimension. Unter Himmel, in diesem Zusammenhang, sollten wir uns keinen Ort, der einige Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist, vorstellen, sondern eher ein anderer Bereich.

In der Bibel wird uns immer wieder davon berichtet, wie Leute für einen Moment „in den Himmel gesehen haben“. Da sollten wir uns nicht einfach so wie ein offenes Loch im Himmel vorstellen, wo man dann wie durch ein Fernrohr hindurch sieht, sondern es ist wahrscheinlicher, dass sich so etwas wie ein unsichtbarer Vorhang kurz gehoben hat und die Menschen in eine andere Welt oder Dimension gesehen haben, die uns normalerweise verborgen ist. Wie in einem Theater – auf einmal wird ein für die Zuschauer unsichtbarer Vorhang gehoben und plötzlich tut sich eine neue Welt auf, die es zwar schon vorher gab, die aber nicht sichtbar war. In dem Moment könnte man sagen, dass sich Himmel und Erde berühren.

Der Eingang im „Vater-Unser“ kann uns da vielleicht etwas weiterhelfen, wo wir beten:

„Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme, Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden…“ Hier erkennen wir etwas von dem, was im Himmel ist und was dort gilt:

„Vater unser im Himmel“ – also das ist die Dimension des himmlischen Vaters – vielleicht könnte man sagen, dessen „Wohnraum“ – der Ort, wo Gott wohnt.

„Dein Reich (deine Königsherrschaft) komme, Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden.“

Im Himmel ist die Königsherrschaft Gottes in vollem Umfang vorhanden. Es ist der „Ort“, wo Gott wohnt und regiert. Im Himmel geschieht Gottes Willen. Himmel ist die Dimension der absoluten Gegenwart Gottes! Und im „Vater-Unser“ beten wir, dass diese Gegenwart und seine gute Königsherrschaft kommen und sein Wille auch auf der Erde getan wird.

Was das bedeutet, sehen wir in der Weihnachtsgeschichte.

Da kommt Gott auf die Erde! Gott kam als kleines Kind zu uns – und der Stall war sein Ankunftsort! Wenn Gott auf die Erde kommt, dann kommt Himmel in den Stall.

Später hat Jesus durch sein Leben demonstriert, was es heißt, wenn Gottes Königsherrschaft und Gottes Willen wie im Himmel auch auf der Erde ankommt und getan wird.

Dann werden Menschen befreit von Ängsten, Lasten, Sünden, Gebundenheit, Krankheiten, Leiden, Desorientierung, Sorgen, Sinnlosigkeit, Ablehnung, Anklage, Ziellosigkeit usw.

Diese Dinge geschehen, wenn Gott da ist und regiert! Das bedeutet, wie im Himmel, so auf Erden – oder eben, so im Stall – dort nahm all das seinen Anfang!

Gott kommt zur Welt und beginnt in einem Stall!

Und heute?

Advent in Schlanders

Gott hat seine Pläne nicht geändert! Gott will auch heute bei uns Menschen ankommen!

Das ist auch der Sinn von Advent – Advent heißt „Ankunft“!

Der Advent sollte uns helfen und sensibler machen, Gottes Ankunft nicht zu verpassen – sie wieder neu zu erleben.

Wohin aber will Gott kommen – wir können dreimal raten – in den Stall!

Aber Achtung! Das betrifft nicht nur die Bauern, die vielleicht noch einen Stall haben, sondern jeden einzelnen Menschen!

Der Unterschied zu uns heute ist, dass Gott nicht mehr als Kind in menschlicher Gestalt in einen Stall aus Holz oder Stein kommt, sondern in Form seines Geistes in uns Menschen!

Unsere Herzen sind die heutigen Orte – die Ställe, in denen Gott geboren werden will!

Deshalb müssen wir, wenn wir über Weihnachten reden, über den Stall reden.

Ich habe gelesen, dass für den bekannten Psychologen C.G. Jung der Stall ein wichtiges Symbol war. Er sagte, dass der Mensch immer daran denken soll, dass er nur der Stall ist, in dem Gott geboren wird. Wir möchten, wenn schon, Gott unseren Palast anbieten. Aber wir haben ihm nur einen Stall anzubieten. Dort, wo die Tiere sind, wo es stinkt, wo es dunkel ist, dort wo es auch Mist gibt.

Der Benediktinerpater Anselm Grün schreibt:

„Stall, das steht für den Bereich in uns, indem die Tiere wohnen, d.h. die Instinkte, die Triebe, die Vitalität, die Sexualität. Diesen „tierischen“ Bereich möchten wir am liebsten vor uns selbst und vor den Menschen verstecken. Wir genieren uns davor. Denn dieser Bereich haben wir nicht im Griff. Er ist nicht sauber. Er riecht nicht angenehm. Er ist nicht chemisch gereinigt. Auch wenn er geputzt wird, erinnert der Stall noch an Kot und Urin. Das möchten wir lieber nicht anschauen. Das ist uns peinlich. Aber gerade dort will Gott in uns geboren werden.“[1]

Es gibt ja eine Vielzahl unterschiedlicher Arten von Ställen. Sie können vielleicht jeweils Ähnlichkeiten zu unserem Stall in uns aufweisen:

  • Freilaufställe: Dort gibt es eine gewisse Freiheit und Auslauf, aber auch ein ständiges Kommen und Gehen – ein Bild für RUHELOSIGKEIT, fehlende GEBORGENHEIT.
  • Boxen-Ställe: Alles schaut nach außen ganz gepflegt und gediegen aus; aber das Ganze ist eben doch eine Box – ein Bild für das Empfinden von EINGEGRENZT- und EINGESCHRÄNKT-sein.
  • Herkömmliche Ställe: Alles ist an seinem Platz, es ist immer das Gleiche, es gibt keine Veränderung – ein Bild für den ALLTAGSTROTT, für RUTINE, für nichts NEUES.
  • Schweineställe: Da stinkt es und jeder schaut auf sich – ein Bild für GESTANK und EGOISMUS.
  • Geflügelställe: Dort herrscht Lärm und Gegacker; das Einzelne geht in der Masse unter – ein Bild für LÄRM und ein Zustand, in dem ICH UNTERGEHE.
  • Verwahrloste Ställe: Da wird zu wenig oder gar nicht mehr geschaut: Ein Bild für schlechten Umgang miteinander und sich selber – VERWAHRLOSUNG

Egal, wie Dein oder mein Stall ausschaut – Gott möchte kommen und dort geboren werden! Es liegt an UNS, ob wir ihn einladen, ob wir ihm die Türe öffnen und ihm Raum geben und ihn einlassen!! Wenn wir ihn einladen und in unseren Stall hineinlassen, dann kommt Himmel in den Stall! Dann können wir es erleben und sagen: Wie im Himmel, so in (meinem) Stall!

Als die Engel den Hirten erschienen sind, verkündigten sie ihnen große Freude. Als sie dann das Christkind besucht und gesehen haben, heißt es:

„(Die) Hirten kehrten wieder um und priesen und lobten Gott!“ Lukas-Evangelium 2,20

Auch die königlichen Sterndeuter erlebten Ähnliches:

„Als sie das (Kind) sahen, kannte ihre Freude keine Grenzen. Sie betraten das Haus, wo sie das Kind mit seiner Mutter Maria fanden, fielen vor ihm nieder und ehrten es wie einen König. Dann packten sie ihre Schätze aus und beschenkten das Kind mit Gold, Weihrauch und Myrrhe.“        Matthäus-Evangelim 2,10-11

Wenn Himmel in den Stall kommt, dann kommt Freude auf, dann können wir Gott loben und preisen!

Dann wird sich dies auswirken auf unsere Familien, unsere Mitmenschen, unsere Gesellschaft!

Dann kommt Licht ins Dunkel. Klarheit ins Chaos. Heilung in die Wunden. Ganzheit in das Zerbrochene. Hoffnung in die Verzweiflung. Versöhnung in den Streit.

Jesus bringt WOHLGERUCH in den Stall!

Ein altes bekanntes Zitat von Silesius lautet:

„Würde Gott in Bethlehem auch tausendfach geboren,
und nicht einmal in dir selbst, du wärest immerdar verloren!“ [2]

Wie im Himmel, so im Stall – das ist die große Sehnsucht Gottes – auch heute Abend!

Was ist UNSERE Antwort?

Öffnen wir Jesus unsere „Stall-Türe“ und laden IHN ein, bei uns „auszumisten“ und unseren Stall in einen Ort des Wohlgeruchs umzugestalten?

JKO

 

Quellen:

[1] Aus „Weihnachtlich leben“ – Herder Verlag S.12

[2] Angelus Silesius (1624-1677) Quelle: www.wikipedia.

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