Wenn wir anderen nicht vergeben können, kommt es zu Blockaden im eigenen Leben. Johann Christoph Arnold drückt es einmal so aus: Wer vergibt heilt sich selbst [i]. Das heißt jedoch im Umkehrschluss, dass wenn man nicht vergeben kann oder will, man erkranken kann.
Ich schreibe diese Zeilen als ich gerade mit meiner Familie im hintersten Passeiertal Urlaub auf einen alten Bauernhof mache. Durch das Passeierertal fließt die Passer. Zwischen Moos und Rabenstein lag einst der sogenannte Kummersee. Dieser See war im fernen 1401 durch einen Bergrutsch entstanden. Er sperrte das enge Tal der Quere nach ab und versperrte der Passer den Ablauf, sodass ein Stausee entstand. Der Kummersee war ungefähr 2 km lang und 40 m tief. Er wurde so genannt, weil er den Menschen viel Kummer bereitete, denn er brach insgesamt acht Mal aus. Beim ersten Ausbruch am 22. September 1419 wurde ein großer Teil der Stadt Meran verwüstet und es kamen 400 Menschen ums Leben. Meterhohe Flusssteine vor der Spitalkirche in Meran zeugen heute noch von der damaligen Katastrophe.
Kummersee
Vielen Menschen steht der Kummer förmlich ins Gesicht geschrieben. Sie haben viel Negatives erlebt, klagen Gott und die Welt an, aber sind nicht bereit, das Negative bei Gott abzugeben. Ihr Leben ist geprägt von Unvergebenheit. Diese bilden eine Staumauer, die je nach Druck von hinten, brechen und Teile des Lebens verwüsten kann. In der Seelsorge unterscheidet man zwei Kategorien von Unvergebenheit:
- Unvergebenheit aufgrund von eigenen Verschulden. Dazu zählen Verfehlungen die man selbst begannen hat, aber nie vor Gott bekannt hat. Das könnte Abtreibung sein, Schuld an Mitmenschen, an Eltern, Diebstahl, Raub, Ehebruch usw.
- Die zweite Kategorie ist schwieriger zu verstehen und betrifft Unvergebenheit gegenüber Menschen die sich an einem schuldig gemacht haben und denen man nicht vergeben konnte. Dazu zählt sexueller-, körperlicher- oder physischer Missbrauch, Streit, Familienzwist usw.
In dieser letzten Kategorie tun wir uns naturgemäß schwer, denn die Verfehlung ist von jemand andern verübt worden und der Betroffene ist das Opfer. Folglich muss der andere um Vergebung bitten und nicht umgekehrt. Obwohl das stimmt, stellen wir immer wieder in der Seelsorge fest, dass man an Menschen gebunden bleibt, die man hasst. Diese Personen sind oft mit unsichtbaren Ketten an ihre Aggressoren gebunden. Besonders gravierend ist dies, wenn die Person, die den Missbrauch verübt hat, in der eigenen Familie ist, wenn es Eltern oder Großeltern sind, die möglicherweise nicht mehr leben. Die verhasste Person ist ständig präsent im Bewusstsein der Opfer. Es kann auch sein, dass die betroffene Person, den Missbrauch verdrängt hat und Krankheits- Symptome sie an den Missbrauch wieder erinnern. Oft muss man tief graben, um an die Ursache der Störung heran zu kommen.
Sobald diese Personen Vergebung aussprechen können, auch nur mental, weil die Gefühle nicht folgen können, werden sie frei. Es ist, als wenn Ketten von ihnen abfallen, wie wenn jemand einen schweren Rucksack ihnen von den Schultern nehmen würde.
Die Vergebung unserer Sünden brauchen wir nicht nur um vor Gott in Ordnung zu sein, wir brauchen sie um als Menschen auf dieser Erde leben zu können. Unvergebenheit ist eines der gemeinsten Blockaden, die der Feind benutzt um Menschen, aber auch Nationen, in Gefangenschaft zu führen. Vergebung ist dagegen das wirksamste Mittel um diese Blockaden zu durchbrechen.
Es gibt ein Geheimnis; das Sündenbekenntnis nach Jakobus. Er spricht in seinem Brief davon, dass wenn jemand krank ist, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken (kann auch eine psychische Krankheit sein) helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. (Jak.5,14-16 LUT)
SK
[i] http://www.amazon.de/vergibt-heilt-auch-sich-selbst/dp/3783180015