In einer Beziehung gehe es darum, gemeinsam Gottes einmalige Lösungen zu entdecken und anzunehmen. Der Psychotherapeut und Paarberater Manfred Engeli spricht über Verbindlichkeit und Glaube in der Ehe.
Engeli: Nein, das Resultat überrascht mich nicht. Ich berate seit zwanzig Jahren Paare. Dabei ist mir aufgefallen, dass es grundlegende Bedürfnisse gibt, die von Gott her wie ins Herz der Menschen eingeschrieben worden sind. Auch die Sehnsucht nach Geborgenheit und Sicherheit in einer Beziehung zählt dazu.
In Verbindung mit der Ehe schon. Die Ehe ist für mich ein Teil der Schöpfungsordnung. Von daher erachte ich die Ehe auch in Zukunft als ungefährdet. Es wird nicht aufhören, dass Menschen eine Ehe eingehen. Die Menschen sehnen sich danach. Auch wenn viel Schutt und Schwieriges darüber liegt – in der Tiefe kommt diese Sehnsucht zum Vorschein.
Ja! Eine große Zahl von Untersuchungen, die in den letzten Jahren in der westlichen Welt gemacht worden sind, belegen die Unverwüstlichkeit dieses göttlichen Geschenks: Trotz Stress, Not und Leiden, die mit Ehe und Familie verbunden sein können, setzt sich der Segen, den Gott darauf gelegt hat, durch. Die Statistiken ergeben, dass Verheiratete sich als glücklicher und sexuell zufriedener einschätzen, seelisch stabiler und resistenter sind gegen Stress, weniger anfällig für gewisse Krankheiten, nach einer Operation schneller genesen und eine höhere Lebens-erwartung besitzen. Wenn verheiratete Paare Kinder haben, wird der Segen noch ausgeprägter.
Der Wunsch ist vorhanden. Aber für den Weg zu diesem Ziel brauchen wir tragfähige Modelle, Hilfestellungen und – zum Beispiel – Schulungsangebote von kirchlicher Seite her. Eines scheint mir wichtig: Wenn wir ein Eheverständnis haben, das den ‘Erfolg’ mit Leistung verbindet, dann haben wir ein Eheverständnis, das überfordert.
Wir müssen ein Verständnis von Ehe verbreiten, in dem Gott ein aktiver Teil ist und man es ernst nimmt, dass Gott uns unterstützende Angebote macht. Ein solches Eheverständnis ist entlastend.
Ja, vor allem dort, wo Gott aktiv handelnd dabei sein darf. Die Ehe ist ein Bund, in dem Gott der wichtigste Partner ist. Es ist befreiend, die Ehe im Beziehungsdreieck Mann- Frau-Gott zu leben.
Bei manchen Ehepaaren die ich begleitet habe, hatte ich den Eindruck, dass sie kaum Vorbilder hatten. Oder dann Vorbilder, die unerreichbar waren, sodass sie zum Schluss kamen: „Das schaffen wir nie.“ Das Wollen war da, aber das Vollbringen gelang nicht. Bei jungen Menschen stelle ich zudem eine große Mutlosigkeit zur Ehe fest – sie wagen es nicht und geben zu früh auf.
„Ehe und Familie sind der Ort, wo Menschwerdung geschieht und wo Gott wirkt.“
Verbindlichkeit ist die Grundlage einer stabilen Ehe. Die Verbindlichkeit stützt sich auf zwei unabhängige Ja: „Ja ich will mit dir zusammenleben bis ans Ende.“ Und nicht: “Ich heirate dich wenn du willst.“ Dieses Ja darf zudem keinen Teil der Person ausschließen. Verbindlichkeit ist mehr als Treue. Sie ist die Voraussetzung für eine tiefe dauerhafte Ehebeziehung: „Ich wähle dich so wie du bist, mit deiner Vergangenheit und deiner Zukunft.“ Wo dies klar ist, finden Paare in allen Nöten Lösungen!
Ich beschreibe die Ehe als Dreieck mit Gott an der Spitze. Von ihm her fließt Liebe zum Mann, vom Mann zur Frau und zurück zu Gott. Und von Gott fließt Liebe zur Frau, von ihr zum Mann und zurück zu Gott. Es ist ein Liebesfluss System. Bleibt dieses System durch Treue geschlossen, fließt immer Liebe.
Schwierige Situationen können sich verändern, sobald Gott seinen Platz in der Ehe einnehmen kann. Das ermöglicht die Eigenverantwortlichkeit und damit Freiheit und Zuwendung in der Beziehung; und dies ermöglicht die Liebe.
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Quelle: Idea Spektrum, August 2015 – Interview von Rolf Höneisen, mit Manfred Egeli