Hand aufs Herz! Wer hat sich schon mal mit dem 4. Buch Mose auseinandergesetzt? Ich muss eingestehen, dass mir beim Lesen der ersten beiden Kapitel, in dem die „Numeri“ (Zahlen) Programm sind, bislang meist die Lust am Weiterlesen vergangen ist. Viele von uns kennen z. B. den Aaronitischen Segen:

„Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig. Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden“ (4. Mose 6,24-26).

Aber die beschriebenen Volkszählungen der Israeliten, die Anordnungen der 12 Stämme um die Stiftshütte und die Vorschriften für den priesterlichen Dienst? Was hat das mit uns im ‚Hier und Jetzt‘ zu tun? Auf den ersten Blick erscheint das 4. Mose Buch vielleicht wenig zugänglich, aber es ist definitiv kein Zufall, dass es Teil der „Heiligen Schrift“ ist. Kürzlich sind mir beim Lesen dieses Buches zwei Dinge über Gottes genialen Heilsplan für uns als sein Volk und für unser persönliches Glaubensleben neu bewusst geworden.

 

1) Die Last der Vision

„Ohne Vision verwildert das Volk, wohl dem der sich an die Weisungen des Herrn hält“ (Sp 29,18).

Das Volk Israel befindet sich in der Wüste, seit vielen Jahren schon. Gott hat durch Mose die Israeliten aus der Gefangenschaft in Ägypten befreit. Sie sind durch das Schilfmeer hindurchgezogen und landen wo? Zunächst mal in der Wüste. Aber nicht etwa 40 Tage, 40 Wochen oder 40 Monate… Nein, ganze 40 Jahre! Die lange Wanderung und die Jahre der Entbehrung, des Unbehaustseins, des von Ort-zu-Ort-Ziehens werden hoffentlich ein Ende haben. Die Zusage Gottes lautet ja schließlich: „Ich führe euch in ein Land, indem Milch und Honig fließen“ (2. Mo 3,17). Darauf stützt sich die Hoffnung Israels. Doch immer wieder verlässt die Israeliten der Mut und Murren macht sich breit. Enttäuschung tritt an die Stelle von Hoffnung. Das Volk lehnt sich gegen Mose und Gott auf:

“Warum hast du uns aus Ägypten geführt, dass wir sterben in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise“ (4. Mo 21,5).

Nicht einmal, nicht zweimal, nicht dreimal, sondern 10 Mal dieselbe Leier (4. Mo 14,22). Sogar Mirjam und Aaron, die rechte und linke Hand Moses werden unzufrieden (4. Mo 12,1-13). Und Gott? Ihm platzt zwischendurch der Kragen. Der gütige, gnädige, barmherzige und gerechte Gott greift hart durch und bestraft die Aufständischen (Kapitel 16-17), sendet seinem Volk feurige Schlangen (Kapitel 21) und eine Seuche (Kapitel 25), um die meuternde Bande in Zaum zu halten. Zum Schluss wird sogar Mose selbst für seinen Ungehorsam damit bestraft, dass er das verheißene Land zwar sehen, aber das Volk Israel nicht hineinführen darf (4. Mo 20,12).

Eine Vision ist ein Bild von der Zukunft, das begeistert, das motiviert, das zu tun was man tut. Aber sie kann auch zu einer Last werden, unter der man fast zusammenbricht. Gott schenkt seinem auserwählten Volk vor dem Auszug aus der Sklaverei in Ägypten eine Vision: die Vision von Freiheit, die Vision von einem eigenen Land, in dem Milch und Honig fließen, kurzum: die Vision einer besseren Zukunft. Und dieses Land liegt eigentlich greifbar nahe. Doch immer wieder geht es scheinbar einen Schritte zurück, als einen Schritt vorwärts.

Beispielsweise verweigern die Edomiter, jenes Volk, das an das verheißene Land angrenzt, den Israeliten den Durchzug und so müssen sie zunächst sogar wieder zurückgehen in Richtung Schilfmeer. „Zurück auf Los“, wie es bei Monopoly so schön heißt. Das so nahegerückte Ziel scheint auf einmal wieder ganz weit weg. Und was in ca. 40 Tagen zu erreichen wäre, dauert letztendlich 40 Jahre! Die Entbehrungen der Wüstenwanderung und die Angst vor den Nachbarvölkern reiben das Volk Israel auf und die wunderbare Vision entpuppt sich als eine scheinbar erdrückende Last. Obwohl Gott gegenwärtig und als Wolkensäule bei Tag und als Feuerschein bei Nacht sichtbar mitten unter ihnen ist, verfällt das Volk wieder in seine ‚ägyptischen‘ Gewohnheiten.

Aus dem Buch ruft Gott uns immer wieder zu: „Habt ihr es noch immer nicht ‚gecheckt‘? Warum wollt ihr es auf die ‚harte Tour‘ lernen, wenn es doch viel leichter ginge? Vertraut auf mich, JHWH und haltet euch an meine Weisungen. Dann wird die Vision, die ich euch gegeben habe, nicht zur Last!“

Das 4. Buch Mose fordert uns wie kein anderes Buch in der Bibel heraus, uns die folgenden Fragen zu stellen:

  • Welche Vision hat Gott mir für mein Leben gegeben? Welche Vision hat Gott uns als seine Gemeinde, sein Volk gegeben?
  • Halte ich/Halten wir an dieser Vision fest und bin ich/sind wir trotz der Entbehrungen noch begeistert und motiviert unterwegs?
  • Setze ich/ Setzen wir unser ganzes Vertrauen auf Gott und seine Zusagen und beachte/n seine Weisungen, um vorwärts zu kommen?

DA

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